Antoine Marie Jean-Baptiste Roger Vicomte de Saint-Exupéry (kurz Antoine de Saint-Exupéry; * 29. Juni 1900 in Lyon; † 31. Juli 1944 nahe der Île de Riou bei Marseille) war ein französischer Schriftsteller und Pilot.
Antoine de Saint-Exupéry war schon zu seinen Lebzeiten ein anerkannter und erfolgreicher Autor und wurde ein Kultautor der Nachkriegsjahrzehnte, obwohl er selbst sich eher als einen nur nebenher schriftstellernden Berufspiloten sah.
Seine märchenhafte Erzählung Der kleine Prinz gehört mit über 140 Millionen verkauften Exemplaren zu den erfolgreichsten Büchern der Welt
Geburtshaus von Antoine de Saint-Exupéry in Lyon.
Die Straße wurde nach ihm benannt.
De Saint-Exupéry wurde am 29.
Juni 1900 in Lyon als drittes von insgesamt fünf Kindern und als erster Sohn des Comte Jean-Marc de Saint Exupéry (1863–1904) geboren.
Dieser starb, als der Junge vier Jahre alt war.
Antoine wuchs zunächst in Lyon und auf Gütern der Familie in Südfrankreich auf.
1909 kam er mit seinem jüngeren Bruder in ein von Jesuiten geführtes Internat in Le Mans.
Im Juli 1912 wurde er während der Sommerferien in Ambérieu-en-Bugey zum ersten Mal auf einen Flug vom Piloten und Konstrukteur Gabriel Salvez-Wroblewski mitgenommen, dem er vorgelogen hatte, eine Erlaubnis seiner Mutter für den Flug zu haben.
Er war fasziniert vom Flug.
Die letzten Gymnasialjahre (1915–17) verbrachten er und sein Bruder im Kollegium Heilig Kreuz, einem Internat der Marianisten, in Freiburg/Schweiz.
Ausbildung und Wehrdienst
Die Unterschrift von Antoine de Saint-Exupéry
Nach dem Abitur (Baccalauréat 1917) besuchte er am Lycée Saint-Louis in Paris die Vorbereitungsklassen (classes préparatoires) für die Aufnahmeprüfung (concours) der École navale, weil er Marineoffizier werden wollte.
Er hatte jedoch keinen Erfolg bei der Prüfung, fiel zweimal im Fach Literatur durch und erhielt keinen der kontingentierten Studienplätze.
Ein weiterer Schlag war der plötzliche Tod seines Bruders 1917, der an den Folgen einer Herzbeutelentzündung verstarb.
Dieser Verlust erschütterte Antoine de Saint-Exupéry zutiefst.
Antoine studierte von 1920 bis 1921 Architektur an der École nationale supérieure des beaux-arts in Paris, erwarb jedoch keinen Abschluss.
1921 bis 1923 absolvierte er seinen Wehrdienst bei der Kavallerie in Straßburg und wurde zum Flugzeugmechaniker ausgebildet.
Die Armee verweigerte ihm eine Ausbildung zum Piloten, weil er den Vorbereitungskurs hierzu nicht absolviert hatte.
Saint-Exupéry absolvierte seine Pilotenausbildung, indem er privat Flugstunden nahm.
Erste Jahre als Pilot und Autor
Danach hätte er als Berufsoffizier und -pilot bei der Luftwaffe bleiben können, doch war die adelige Familie seiner Verlobten Louise de Vilmorin, der Schwester eines Pariser Klassenkameraden, vehement gegen eine derart gefährliche Existenz ihres künftigen Schwiegersohns.
In Erwartung der Eheschließung, zu der es dann aber doch nicht kam, arbeitete Saint-Exupéry als Angestellter bei Pariser Firmen.
Nebenbei flog er, wann immer er konnte, und hatte im Salon einer adeligen Tante, Yvonne de Lestrange, Herzogin von Triest, erste Kontakte mit Pariser Literaten.
1923 war Saint-Exupéry völlig mittellos und begann erstmals als Pilot zu arbeiten, indem er Touristen zu fünfzehnminütigen Rundflügen über Paris mitnahm.
1925 trat er mit der Novelle L’Aviateur („der Flieger“) erstmals als Autor hervor.
1926 wurde er von der Luftfrachtgesellschaft Latécoère in Toulouse eingestellt, zunächst beim Bodenpersonal.
Bald kam er zu den Piloten und flog anfangs die Etappe Toulouse–Casablanca, dann Casablanca–Dakar.
1927/28 war er 18 Monate lang Chef des einsamen Zwischenlandeflugplatzes auf dem Cabo Juby mit dem Hauptort Tarfaya, das zur damaligen Kolonie Spanisch-Marokko gehörte, wo ein Denkmal an ihn erinnert.
In seiner Funktion als Flugplatzchef hatte er öfter Probleme mit den kriegerischen Berbern der Gegend.
Mehrfach musste er auch in der Wüste notgelandete Kollegen retten.
Für die Rettung von insgesamt 14 Piloten bekam er 1930 den höchsten Orden Frankreichs, der an Zivilisten vergeben wird, den „Chevalier de Légion d'Honneur“ verliehen.
Die meiste Zeit jedoch verbrachte er mit Warten auf das nächste Flugzeug.
Hierbei schrieb er seinen ersten längeren Text, den kleinen Roman Courrier Sud („Südkurier“, 1928), der den letzten Flug eines Piloten samt einer eingeschobenen, ebenfalls traurigen Liebesgeschichte erzählt.
Die Zeit der Erfolge
Consuelo de Saint Exupéry
1929 absolvierte Saint-Exupéry eine Fortbildung in Navigation bei den Marinefliegern in Brest und ging anschließend für seine Gesellschaft nach Argentinien, um in diesem damals reichsten Land Südamerikas Flugpost- und Luftfrachtlinien einzurichten.
Seine Erlebnisse und Erfahrungen als Verantwortlicher für die ersten Nachtflüge, die trotz aller Gefahren pflichtgemäß durchgeführt wurden, verarbeitete er in dem Roman Vol de nuit („Nachtflug“, Dezember 1930), dessen Handlung um den tödlichen letzten Flug eines Piloten kreist.
Das Werk wurde mit dem renommierten Prix Femina ausgezeichnet und brachte Saint-Exupéry den Durchbruch als Autor.
Anfang 1931 heiratete er Consuelo Suncín Sandoval, eine jung verwitwete Salvadorianerin.
Die standesamtliche Hochzeit war in Nizza, die kirchliche Trauung feierte das Paar in Agay, wo die Familie Saint-Exupéry einen Landsitz hatte.
Antoine ging danach wieder teils als Streckenpilot nach Westafrika, teils betätigte er sich als Versuchspilot für Wasserflugzeuge (wobei er einmal fast ertrank).
1934 wurde er von der neuen Air France eingestellt, zu der sich mehrere Luftfahrtgesellschaften zusammengeschlossen hatten.
Saint-Exupery (rechts) mit Marcel Peyrouton in Tunis, 1935
In den nächsten Jahren führte er eine gemischte Existenz als Flieger, Werbebeauftragter, Journalist und Autor.
So flog er beispielsweise 1934 werbewirksam nach Saigon (damals Hauptstadt der damaligen französischen Kolonie Vietnam) und unternahm 1935 per Flugzeug eine Vortragsreise rund ums Mittelmeer.
Im Mai 1935, als die französische und die sowjetische Regierung gerade einen Beistandspakt gegen das Deutsche Reich geschlossen hatten, besuchte er im Auftrag der Zeitung Paris-Soir Moskau und schrieb eine vielbeachtete Artikelserie über seinen Aufenthalt.
Saint-Exupéry nach seiner Bruchlandung in Ägypten 1935
Am 29.
Dezember 1935 stürzte er bei einem Versuch, den Streckenrekord Paris–Saigon aufzustellen, 200 Kilometer vor Kairo in der ägyptischen Wüste ab, nachdem es bei schlechter Sicht zu einer Bodenberührung gekommen war.
Saint-Exupéry und sein Mechaniker Prévot überlebten die Bruchlandung unverletzt, waren nun aber ohne ausreichenden Trinkwasservorrat Sonne und Hitze der Wüste ausgesetzt.
Nach einem fünftägigen Marsch durch die Wüste stießen sie auf eine Karawane und wurden gerettet.
Im Frühjahr 1937 verbrachte er für Paris-Soir einen Monat als Reporter im Spanien des Bürgerkriegs, den er von der republikanischen Seite her schilderte (die von der neuen französischen Volksfront-Regierung halbherzig unterstützt wurde).
Mitte Februar 1938 machte er den Versuch eines Rekordfluges New York–Feuerland (Südargentinien), stürzte aber in Guatemala beim Start nach einer Zwischenlandung ab und wurde schwer verletzt.
Während seiner Genesung stellte er in New York den Sammelband Terre des hommes („Die Erde der Menschen“, dt.
Titel Wind, Sand und Sterne) zusammen, dessen teils neue und teils schon ältere Texte vor allem ein Hohelied der Kameradschaft unter Männern, der Pflichterfüllung und des Idealismus sowie der Solidarität und Menschlichkeit singen.
Das Werk traf bei seinem Erscheinen Anfang 1939 den Nerv der Zeit und hatte großen Erfolg.
Es erhielt den Grand Prix du Roman de l’Académie française; auch die amerikanische Übersetzung unter dem Titel Wind, Sand and Stars verkaufte sich vorzüglich und wurde preisgekrönt.
Kriegszeit
Antoine de Saint-Exupéry war gerade von einer Reise zu seinem amerikanischen Verleger zurückgekehrt, als Anfang September 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach.
Er wurde eingezogen und diente zunächst als Ausbilder für Piloten.
Später wurde er selbst Pilot bei einem Aufklärungsgeschwader und wurde im Mai/Juni 1940 Zeuge, wie Nordostfrankreich nach dem deutschen Angriff, dem „blitz allemand“, im Chaos versank.
Den Waffenstillstand am 25.
Juni und die anschließende Demobilisierung der französischen Streitkräfte erlebte er in Algerien, danach hielt er sich zunächst auf dem Landgut einer Schwester in Agay/Südfrankreich auf.
Hier schrieb er an einem schon 1936 begonnenen größeren philosophisch-moralistischen, lyrisch-erzählerischem Werk: Citadelle (dt.
Titel Die Stadt in der Wüste), dessen Fragment erst postum erschien.
Ende 1940 reiste er über Marokko und das neutrale Portugal in die USA, wo sich seine amerikanischen Autorenhonorare angehäuft hatten.
In New York fühlte er sich aber nicht wohl, weil er Probleme mit den dortigen Franzosen hatte, die – anders als er – meist mit Marschall Pétain und dessen soeben etabliertem rechtsautoritären Regime sympathisierten.
Während seiner Zeit in den USA änderte er seinen Familiennamen von Saint Exupéry in Saint-Exupéry.
Bei einem längeren Besuch in Kalifornien, wo der dort im Exil lebende Regisseur Jean Renoir sein Werk Terre des hommes verfilmen wollte, verfasste Saint-Exupéry 1941 das seine Kriegserlebnisse verarbeitende Werk Pilote de guerre („Kriegsflieger“; dt. Titel Flug nach Arras).
Es erschien 1942 zunächst in amerikanischer Übersetzung (Flight to Arras), ebenso im französischen Original unter dem Titel Pilote de Guerre.
Auch in Frankreich durfte das Buch zunächst veröffentlicht werden.
Die deutschen Zensoren unterbanden nur einen Teilsatz, in dem Hitler genannt wurde.
Nachdem sich die Presse ausgiebig mit dem Werk auseinandergesetzt hatte, wurde er von den Deutschen auf den Index gesetzt.
Dennoch zirkulierte das Buch weiter im Untergrund.
Anfang 1943 brachte er in New York zwei kürzere Texte heraus: Lettre à un otage („Brief an eine Geisel“) und Le petit prince (Der kleine Prinz).
Der Lettre ist ein fiktiver Brief an einen jüdischen Freund mit lyrischen, essayistischen und erzählerischen Passagen, durch den Saint-Exupéry die Franzosen in aller Welt zur Solidarität mit Frankreich aufzurufen versucht, das gerade (11. November 1942) gänzlich von deutschen Truppen besetzt worden war.
Le petit prince, der langfristig sein bekanntester Text werden sollte (bis heute wurde das Werk weltweit in über 140 Sprachen übersetzt), ist eine märchenähnliche Erzählung um einen in der Wüste notgelandeten Flieger, der hier auf einen kleinen Jungen trifft, den es von einem Asteroiden auf die Erde verschlagen hat.
Der reale und surreale Elemente mischende Text liest sich insgesamt wie eine verzweifelte Auseinandersetzung des Autors mit der ihn bedrückenden Situation des geknebelten Frankreichs, seinem Unbehagen im utilitaristisch denkenden Amerika und nicht zuletzt seinem schlechten Gewissen gegenüber seiner in Frankreich zurückgelassenen Frau – der „Rose“ des „kleinen Prinzen“.
An Le petit prince erinnert heute im südfranzösischen Ort Agay ein Brunnendenkmal, das einen Schlüsselsatz aus dem Büchlein trägt.
Im Mai 1943 begab sich Saint-Exupéry in das inzwischen von anglo-amerikanischen Truppen kontrollierte Algerien und wurde wieder Luftwaffenpilot.
Seine Flugkünste hatten aber nach der langen Pause gelitten.
Als er im Juli bei der Rückkehr von einem seiner ersten Flüge eine Bruchlandung hinlegte, wurde er unter Hinweis auf sein Alter und seine diversen Verletzungen ausgemustert.
Seine Beziehungen zu den Anhängern des Oberhaupts der „Freien Französischen Streitkräfte“, Charles de Gaulle, waren in dieser Zeit von gegenseitigem Misstrauen geprägt.
Saint-Exupéry nahm den Gaullisten übel, dass sie auf die Machtergreifung fixiert waren.
Er ging davon aus, dass sie eine allzu strenge Säuberung (épuration) durchführen würden, was er für kontraproduktiv hielt.
Er beschäftigte sich daraufhin in Algier mit technischen Problemen der neuen Düsentriebwerke (er besaß bereits einige flugtechnische Patente), schrieb aber auch weiter an Citadelle.
Dank seiner Bekanntheit gelang es ihm, sich für eine begrenzte Zahl von Aufklärungsflügen reaktivieren zu lassen.
Diese unternahm er zuerst vom inzwischen amerikanisch besetzten Sardinien aus, dann vom zurückeroberten Korsika.